Tierpfleger im Museum

Tierpfleger Andreas und Elias stellen den »Museumszoo« vor

So manchen MuseumsbesucherInnen geht es wie mir. Auch sie reiben sich erstaunt die Augen, wenn sie das erste Mal die NaturWelten betreten. Tiere im Museum? Ja, genau! Das Landesmuseum Hannover ist nicht nur ein Museum, sondern auch ein eingetragener Zoo.
Unsere Tierpfleger kümmern sich täglich um über 3.000 Tiere. Die meisten davon sind Fische wie unsere Roten Piranhas, aber bei uns leben beispielsweise auch Reptilien, Amphibien, Insekten und niedliche Kreta-Stachelmäuse, die zu der Klasse der Säugetiere gehören. Aber was genau macht eigentlich ein Tierpfleger? Und was ist das gefährlichste Tier im Museum? Das will ich unbedingt herausfinden und Andreas und Elias erklärten sich freundlicherweise dazu bereit, mir alles zu zeigen.

Tierpfleger – für viele Menschen ist das ein Traumberuf

Elias ist einer von ihnen und seinem Traumjob schon ein gutes Stück näher gekommen, denn er ist Auszubildender im WeltenMuseum. Teilweise bewerben sich hunderte InteressentInnen auf einen Ausbildungsplatz, die erste Hürde hat er also schon hinter sich. Das erste Lehrjahr verbringen die angehenden Tierpfleger bei uns im WeltenMuseum und das zweite Lehrjahr absolviert er im Zoo Hannover.
»Viele Leute stellen sich den Beruf nicht realistisch vor. Es ist eine sehr körperliche Arbeit«, erzählt mir Elias. Andreas, der schon seit fast 25 Jahren als Tierpfleger im Landesmuseum arbeitet, stimmt ihm zu: »90 Prozent der Zeit sind wir die Putzfrauen der Tiere.« Für ihn sind die Museumstiere auch ein bisschen wie Haustiere. Schließlich versorgt er sie täglich mit Nahrung und stellt sicher, dass es ihnen gut geht. Trotzdem gibt er grinsend zu, dass er zu Hause auch ein paar eigene Schlangen hat, denn das sind seine absoluten Lieblingstiere.

Tierpfleger Elias mit Bartagame

Tierpfleger Elias hält eine unserer Bartagamen in den Händen

Elias hat ebenfalls ein Faible für exotische Tiere

Bei ihm zu Hause wohnt zum Beispiel ein Gürteltier! Hier ist er mit einer unserer Streifenköpfigen Bartagamen (Pogona vitticeps) zu sehen. Wie einige andere Tiere sind sie aus der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen zu uns gekommen. Dort werden unter anderem Tiere, die von Behörden wegen nicht artgerechter Haltung beschlagnahmt wurden, gepflegt, bis sich ein neues Zuhause, in dem sie sich wohlfühlen können, gefunden hat. Zur Fütterungszeit werden die Reptilien aus ihrem offenen Gehege gelockt, das sie sich mit unserem Plateosaurus teilen. In den Terrarien hinter den Kulissen dürfen sie nach lebenden Insekten schnappen, denn frei herumschwirrende Insekten in den NaturWelten mögen die meisten Museumsgäste nicht so gerne.

Das Lieblingstier von Elias aus dem »Museumszoo« ist übrigens der Leopard-Drückerfisch (Balistoides conspicillum), der aus dem Indopazifik stammt. Dieser Fisch hat auffallend leuchtende Farben. Allerdings ist es genau diese schöne Färbung, die signalisiert, dass mit diesem Fisch so gar nicht zu spaßen ist. Jeder Flossenstrahl wird durch eine eigene Drüse mit Gift versorgt, das er zur Verteidigung einsetzt. Sein Gift kann nicht nur Raubfischen, sondern auch uns Menschen gefährlich werden.

Die gefärhlichsten Tiere in den NaturWelten

Die gefährlichsten Tiere im Landesmuseum sind nicht die Schlangen oder die Roten Piranhas (Pygocentrus nettereri). Ihr Ruf als blutrünstige Ungeheuer des Amazonas, wurde ihnen zu Unrecht verliehen. Stattdessen funktionieren sie wie eine Art »Gesundheitspolizei« für den Amazonas, denn sie jagen überwiegend alte und kranke Fische.

Auch die Rote Königsnatter (Lampropeltis triangulum) aus Amerika sieht gefährlicher aus als sie ist. Ihr Farbmuster aus roten, schwarzen und gelben Streifen ahmt die wirklich giftigen Korallenschlangen nach. Es handelt sich um eine Form von Mimikry: Eine Art, die eigentlich harmlos ist, trägt das auffällige Warnmuster einer gefährlichen Art, um potenzielle Feinde abzuschrecken.

Rote_Königsnatter_und_Zwerg Feuerfisch

Die Rote Königsnatter (links) ist eine ungiftige und klein bleibende Natter. Die Rote Königsnatter wird oft nur zwischen 35 und 50 cm groß. Der Zwergfeuerfisch (rechts) ist ein Vertreter der Skorpionfische.

Das giftigste und gefährlichste Tier unserer Sammlung ist ein Fisch. Genauer gesagt, der Rotfeuerfisch (Pterois volitanis) aus dem Pazifischen Ozean. Am liebsten jagen sie zwar Garnelen und Krabben, dennoch kann ihr Hauptgift Acetylcholin, das Muskelzuckungen auslöst, auch für Menschen sehr schmerzhaft sein.

Viele Fische sehen auf den ersten Blick wie friedliche Tiere aus, sind aber in Wirklichkeit ziemlich wild. Zum Beispiel der Paletten-Doktorfisch (Parecentus hepatus): diese Art kenne ich dank »Findet Nemo« als zwar schusselige, aber liebe Dorie. Ganz anders in der realen Wasserwelt: Trifft ein Paletten-Doktorfisch auf einen Artgenossen, sagt er ihm den Kampf an. Ebenso sind die Gelben Segelflossen-Doktorfische (Zebrasoma flavescens) kleine Raufbolde, die regelmäßig rangeln.

Palettendoktorfisch vs. Gelber Seebarder

Palettendoktorfisch vs. Gelber Seebarder

Talentierter Urzeitfisch

Ein in vielerlei Hinsicht  ganz besonderer Fisch ist unser Westafrikanischer Lungenfisch (Protepterus annectens). Lungenfische sind die einzigen Fische, die neben den Kiemen auch mit echten Lungen ausgestattet sind. Um ihre Lungen zu füllen, schwimmen sie an die Wasseroberfläche. Außerdem können Lungenfische extreme Trockenzeiten überleben, indem sie sich im Schlammboden eingraben und dann in einen »Schleimkokon« hüllen. In diesem Kokon können sie monate- oder sogar jahrelang ohne Wasser überstehen. Eine sehr erfolgreiche Überlebensstrategie, denn diese Art ist schon Millionen von Jahre alt. Im WeltenMuseum kann man sich das das Fossil eines Lungenfisches genauer ansehen. Sie sind die engsten Verwandten der Quastenflosser, der bedeutendsten Großgruppe für den Landgang der Wirbeltiere, die teilweise auch zur Lungenatmung fähig waren.

Lungenfisch

Dass so viele verrückte Tiere im Landesmuseum leben, hätte ich nicht gedacht. Danke Andreas und Elias für die spannenden Eindrücke und dafür, dass ich euch über die Schultern gucken durfte. Ich freue mich schon auf das nächste Mal.