Betrachte die Welt mal anders.
Während Sie als Besucher*innen durch die Ausstellungsräume schlendern und die von ihrer besten Seite präsentierten Kunstwerke, Funde und Objekte betrachten, passiert im Landesmuseum hinter den Kulissen so allerlei. Die Mitarbeiter*innen beschäftigen sich täglich sowohl mit der Erhaltung als auch der weiteren Erforschung der Sammlungen und stoßen immer wieder auf bislang unerzählte Geschichten zu den Objekten, die in den Depots verwahrt werden. In den MenschenWelten haben wir daher neu für Sie einen Bereich eingerichtet, um einen Einblick in die Welt des Arbeitens und Forschens an den Sammlungen des Museums zu bekommen.
Die ethnologische Sammlung des Landesmuseums umfasst Objekte und Kunstwerke von allen Kontinenten dieser Welt. Sie wurde 1853 durch einen königlichen Beschluss begründet und seither wurden, meist von reisenden Hannoveraner*innen und später auch von professionalisierten Sammler*innen, Händler*innen und Ethnolog*innen einzelne Objekte oder ganze Sammlungen durch Verkauf, als Leihgabe oder als Schenkung an das Landesmuseum gegeben. Die Objekte, die so im Laufe der Jahre in Hannover versammelt wurden, sind ganz unterschiedlicher Art: ein Rentierschlitten der Sámi aus Finnland, ein auf Ge’ez verfasstes äthiopisches Manuskript mit Erzählungen der Marienwunder, archäologische Grabbeigaben aus dem heutigen Peru, geflochtene Taschen in allen Größen aus Madagaskar, Lapislazuli-verzierte Amulette aus der Grenzregion Tibet-China, eine Steinschleuder aus feinen Lederbändern aus Papua Neuguinea, eine Steinschlosspistole aus Ostafrika, ein Paar aus Knochen gefertigte Steigeisen der Inuit, eine als Eßlöffel verwendetet Muschelschale aus Kamerun und ein aus Blattstreifen der Yuccapalme geflochtene Sandalen aus den Great Plains Nordamerikas, um nur eine Auswahl zu benennen.
Jedes Objekt hat zahlreiche Geschichten zu erzählen. Durch ihre Materialität stehen sie für vor Ort verfügbare oder wertvolle und seltene, gehandelte Ressourcen. Die Techniken, die zur Herstellung eines Objekts angewandt wurden, zeugen vom umfangreichen Wissen und geübten Fertigkeiten der Hersteller*innen und Künstler*innen sowie ihrer kreativen Schöpfungskraft. Die Stücke gewähren uns Einblicke in alltägliches Handeln ebenso wie in sakrale Vorstellungswelten, sie sprechen von ästhetischen Empfindungen und Vorzügen und unterschiedlichen materiellen Lebensrealitäten der Menschen dieser Welt. Jedes einzelne Stück erzählt auch Geschichten der Personen, mit denen es im Laufe der Zeit in Berührung gekommen ist: dem Baumfäller, der das Holz ausgewählt und bereitgestellt hat, dem Gelbgussgießer oder der Kalligrafin, die es gefertigt haben, dem Kind, das in den Schuhen gelaufen ist, einer Händlerin, die Taschen auf dem Markt verkauft hat, dem gewieften Grabräuber, einem Kolonialbeamten, der Kriegswaffen aufgesammelt hat, einer Erbin, die die Sammlung ihres Großvaters vermacht bekam oder einer Forscherin, die eine seitenlange wissenschaftliche Arbeit über ein einziges Objekte und seine Geschichten verfasst hat.
Von den nach heutigem Stand 24362 Nummern der Ethnologischen Sammlung sind derzeit 588 in der Dauerausstellung zu sehen, und zu jedem der ausgestellten Objekte erzählt die Ausstellung nur eine der zahlreichen möglichen Geschichten, die im individuellen Objekt versammelt sind. Die restlichen Bestände mit ihren Geschichten lagern in den Depotbereichen des Landesmuseums. Dort sind sie zwar für den Blick der Besucher*in verschlossen, doch Sie werden regelmäßig von Mitarbeiter*innen des Hauses oder wissenschaftlichen Gästen zur Forschung herangezogen. Hierzu werden Sie behutsam von den ihnen zugewiesenen Standorten geholt und betrachtet, vermessen, fotografiert, umgedreht, beschrieben, verglichen und bei Bedarf restauriert. So treten wir immer wieder in einen neuen Dialog mit den Sammlungen. Dabei spielen Fragen der Zeitlichkeit eine wesentliche Rolle: Was ist neu? Was bewegt uns heute? Was fragen wir heute? Welche Erkenntnisse können die Objekte und Sammlungen uns zu den aktuellen Debatten in der Stadtgesellschaft, der wissenschaftlichen Fachgemeinde, der globalen Gemeinschaft und des Weltgeschehens vermitteln?
Nach dem Rundgang durch die Präsentation der archäologischen und ethnologischen Sammlungen der MenschenWelten gelangen Sie als Besucher*innen wieder ins Hier und Heute und dürfen gespannt sein, was Ihnen die kleinen, wechselnden Präsentationen in den WechselWelten von nun an zu aktueller Forschungen und der täglichen Arbeiten hinter den Kulissen des Museums erzählen.
Bleiben Sie neugierig und kommen Sie wieder vorbei!