A Day in the Life of Caspar David Friedrich

Verbinden Sie auch manchmal Musik mit Bildern? Bei mir geschieht das recht häufig. Im Vorbeigehen. Ohne dass es mir bewusst wird. Während meine Augen verwöhnt werden, schlägt meine innere Jukebox an. »Mona Lisa«? Ganz klar: »Die immer lacht« von Stereoact! Und der Schrei von Edvard Munch? Erinnert mich an »Schrei nach Liebe« von Die Ärzte … Tja, und bei den »Vier Tageszeiten« rufen sich bei mir immer die vier Pilzköpfe aus England in mein Gedächtnis …

Nebel. Wiese, Sonnenuntergang: ganz in der Natur versunken. Sie sehen schon prachtvoll aus, die vier Werke von Caspar David Friedrich. Der Morgen, der Mittag, der Nachmittag, der Abend. Natürlich, würdevoll, ausgewogen und stets gefühlvoll. Bei meinen Gängen durch unser WeltenMuseum bleiben meine Blicke oft an seinen imposanten Landschaftswerken haften. Und was passiert sofort? Die Beatles melden sich zu Wort und es surrt in meinem Kopf: »Woke up, fell out of bed –­ dragged a comb across my head …«  aus »A Day in the Life«.

Zurück zu den Bildern: Wo genau entstanden sie eigentlich? Friedrich fertigte oft Zeichnungen mitten in der freien Natur an. Diese Vorzeichnungen hat der Künstler häufig als eine Art Blaupause für die späteren Gemälde verwendet. Ganz egal ob im Harz oder im Riesengebirge: »Der Morgen« im Kiefernwald mit seinem Fischerboot hat etwas Friedliches, gleichzeitig drückt er eine Aufbruchsstimmung aus. Und was singen die Beatles? »And looking up I noticed I was late«.

 

 

Ein Tag wie jeder andere. Oder doch ein ganz anderer?
Caspar David Friedrich (1774–1840) gilt als einer der bedeutendsten Landschaftsmaler der deutschen Romantik. Ob in Tage oder ganze Jahre gegossen: Zyklen, Sequenzen und Verläufe haben es dem gebürtigen Greifswalder wohl angetan. Ob das bei den Jungs aus Liverpool, genauer gesagt bei John Lennon und Paul McCartney, bei ihrem Song »A Day in the Life« auch so gewesen ist? Ich wage es mal zu bezweifeln. Jeder für sich schrieb und komponierte seinen eigenen Song. Und am Ende schusterten sie ihre beiden Musikstücke zusammen. Da dachte wohl keiner daran, dass dieser Song einmal zu den markantesten des Beatles-Katalogs zählen würde. Der Song fügt sich zusammen als ein raffiniertes, in sich stimmiges Musikstück. Und genauso harmonisch wirken die »Vier Tageszeiten« von Caspar David Friedrich auf mich.

 

 

Ein Neuanfang? Oder doch eher ein ganz gewöhnlicher Tag?
Was sehen, was erkennen wir hier eigentlich? Der Betrachter, also Friedrich, unterwegs in der Natur auf der Suche nach Inspiration? Nach Ruhe? Oder ganz einfach ziellos? Sicher können wir sagen, dass die Natur Friedrich zum Malen animierte. Die Sehnsucht gilt in der Romantik zudem als zentrales Motiv. Im nächsten Werk, dem »Mittag«, sehen wir einen Schäfer auf einer Wiese, die an einem breiten Weg liegt. Am »Nachmittag« bemerken wir ein Pferdegespann, inszeniert in einem abgeernteten Kornfeld. Zu guter Letzt entdecken wir am »Abend« zwei Schatten in altdeutscher Tracht, die den Sonnenuntergang beobachten. Verstärkt wird dies durch den Waldboden, der uns Besucher braun und grün in Wellen anstrahlt und der mit rot blühenden Blumen verziert ist.

 

 

Nur ein Tag oder doch ein ganzes Leben?
Mit seinem emotionalen und romantisierten Ausdruck schuf Friedrich neben seinen »Vier Tageszeiten« viele weitere eindrucksvolle Werke. Landschaften und die Natur im Allgemeinen waren dabei seine treuen Begleiter – oft versehen mit Figuren, deren Blick in die Weite schweift und in die wir uns als Betrachter ganz leicht einfühlen können, deren Blick wir teilen. Aufmerksam, vertieft und ein kleines bisschen verträumt. Oder um es mit den Beatles zu sagen: »And somebody spoke and I went into a dream«.

Der Weltenbesucher

 

 

Bilder: Caspar David Friedrich, aus der Folge der »Vier Tageszeiten«, »Der Morgen«, »Der Mittag«, »Der Nachmittag«, »Der Abend«, um 1820 © Landesmuseum Hannover