Betrachte die Welt mal anders.
Ich bin als Kurator der Landesgalerie für die Sammlung »Neue Meister« zuständig. Das umfasst die Kunst nach 1800, also etwa von Caspar David Friedrich über die französischen Impressionisten bis zu Paula Modersohn-Becker oder zum spätin Lovis Corinth. Vorrangig für diesen Teil der Sammlung bearbeite ich leihanfragen, bereite Sonderausstellungen vor, schreibe Kataloge, betreue Gastwissenschaftler*innen oder versuche mich an der Vermittlung.
Ich habe Kunstgeschichte studiert, weil ich wissen wollte, wer in den vergangenen 2.000 Jahren was, wann, wo und warum gemacht oder gedacht hat. Ich interessiere mich fast gleichermaßen für beide Reiche, das der Kultur und das der Natur, und da auf Bildern alles abgebildet ist, kann ich mich in unzähligen Richtungen mit Gott und der Welt, damit letzlich auch mit mir selbst beschäftigen. Damit soll aber nicht der Eindrucck entstehen, dass ich der Architektur, der Plastik und dem Kunsthandwerk weniger zugeneigt wäre, mich also nur für »Flachware« interessiere.
Ich habe kein Lieblingsobjekt – höchstens Lieblingsobjekte. Sollte ich mich bei der Bandbreite unserer Sammlungen auf »meinen« Bestand beschränken müssen, dann würde ich mir wohl den »Morgen« oder den »Abend« aus dem Tageszeitenzyklus von Caspar David Friedrich mit nach Hause nehmen.