Betrachte die Welt mal anders.
Christiane Schilling kümmert sich als Biologin und Kuratorin für Naturkunde um die lebendigen Bewohner des WeltenMuseums. Die Vielfalt ihrer tierischen Schützlinge reicht von der Ägyptischen Stachelmaus bis zum Zitteraal. In diesem Blogbeitrag schildert sie die Wege, auf denen diese tierischen Kollegen nach Hannover kommen.
Das Terrarium der Baumhöhlen-Krötenlaubfrösche steht leer, die letzten Bewohner sind schon vor einigen Wochen hochbetagt in den Baumhöhlen-Krötenlaubfrosch-Himmel gezogen. Daher schauen die Tierpfleger und ich schon seit Längerem besonders sorgfältig die Abgabelisten der Kolleginnen und Kollegen anderer Zoos und Auffangstationen durch. Und tatsächlich – das Aquazoo Löbbecke Museum in Düsseldorf hat genau diese Tierart abzugeben! Und darüber hinaus noch einige Korallen und Fische, die ebenfalls interessant für uns sind. So geht der Griff direkt zum Telefonhörer!
Christiane Schilling in den NaturWelten.Die Kollegin am anderen Ende der Leitung ist persönlich bekannt, vor einigen Jahren hat sie hier im WeltenMuseum als Kuratorin gearbeitet. Beide Seiten freuen sich, mal wieder von einander zu hören und besprechen, welche Tierart aus Düsseldorf wann nach Hannover ziehen darf. Für die Krötenlaubfrösche kontaktiere ich noch eine zweite Kollegin im Aquazoo – denn die sollen neben den Korallen sollen ja vor allem auf die Reise gehen.
Wir besprechen Tieranzahl und Tierart, dann muss geklärt werden, wie der Transport von Statten geht. Am besten ist es, die Tiere selber oder von einem professionellen Transporteur an die neue Adresse bringen zu lassen. Glücklicherweise ist von Seiten des Aquazoos in den kommenden Tagen eine Abgabe an den Tierpark Berlin geplant. Hier könnte man die Tiere aus Hannover mitgeben, so wird es beschlossen und der Transporteur kontaktiert.
Überall auf der Welt leben Tiere in menschlicher Obhut, in Aquarien, Terrarien, in Gehegen oder Ställen. Viele Tierhaltungen sind privat, viele auch öffentlich – allen gemein ist, dass die anvertrauten Tiere Eier legen, gebären und auch sterben. Es ist also immer Bewegung im Kreislauf der Natur vorhanden. Das bedeutet auch, dass einzelne Tiere umziehen müssen. Meist betrifft dies den Nachwuchs, manchmal aber auch erwachsene Exemplare.
Tierhandlungen oder spezielle Züchter decken meist den Markt für die privaten Tierhalter ab, im Bereich der Zoos und öffentlichen Aquarien sind es in der Regel Tauschgeschäfte untereinander, so wie in diesem Fall.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Tiere aus einer vertrauenswürdigen, gesunden Haltung kommen, dass sie fit sind, das richtige Alter haben und der Transport so schonend wie möglich abgewickelt wird. Zudem müssen alle rechtlichen Fragen geklärt sein. Handelt es sich beispielsweise um geschützte Arten, müssen entsprechende Papiere von den Behörden ausgestellt werden. Und der Transporteur benötigt eine amtliche Genehmigung und muss Buch führen.
Die Krötenlaubfrösche aus Düsseldorf beziehen ihr neues hannöversches Heim.Einige Telefonate und Mails später ist die Tierabgabe in trockenen Tüchern. Alle Institutionen haben sich auf einen Termin geeinigt und der Transporteur ist bestellt. Für die Frösche heißt es dann am Morgen: ab die kuschelige Styroporbox, alle Korallen und Fische werden mit etwas Heimatwasser eingetütet. Auf dem Weg nach Osten sollen noch Tiere aus dem Wuppertaler Zoo eingeladen werden. Also startet die Reise erst einmal dorthin.
Doch hier stockt der Fluss unplanmäßig und länger. Die einzuladenden Säugetiere haben ihren eigenen Kopf und so wird am Nachmittag wieder telefoniert und gemailt. Alle eingeladenen Lebewesen bleiben über Nacht im Wuppertaler Zoo, hier ist ihre Versorgung gewährleistet – keiner muss im kalten Auto schlafen.
Am nächsten Tag Punkt zwölf Uhr erreicht der lange LKW mit allen Tieren aus dem Ruhgebiet den Parkplatz hinter dem Landesmuseum. So ein Gefährt kommt nicht ganz so oft vorgefahren! Mit Bedacht werden die Kisten für das Vivarium ausgepackt, der Transporteur bekommt einen starken Kaffee und fährt dann direkt weiter nach Berlin, hier gilt es, ohne große Verzögerung den zweiten Teil aus Düsseldorf abzugeben.
Die Fische beziehen zunächst ein Übergangsquartier hinter den Kulissen.
Während der Lastwagen schon Richtung Autobahn rollt, packen die Tierpfleger des Landesmuseums vorsichtig Frosch, Fisch und Koralle aus. Alle haben den Weg gut überstanden und dürfen jetzt in frisch eingerichtete neue Terrarien und Aquarien einziehen. Auch die Kartoffelchipkoralle und die Bartkoralle werden in ihre neuen Lebewelten gesetzt.
Alle Beteiligten hoffen nun, dass es den Umgezogenen gut im neuen Zuhause gefällt und das der anstrengende Transport schnell vergessen ist.
Am nächsten Morgen gilt daher der erste Blick den „Neuen“ und glücklich kann die abschließende Mail gen Düsseldorf lauten: “Alle Tiere haben Hannover gestern gut erreicht und eine entspannte Nacht gehabt“ – Perfekt, ein neuer Kreislauf kann beginnen!
Die Korallen aus Düsseldorf haben sich gut eingelebt!